Liebe Natascha, ich finde deinen Blog superspannend, aber mit deinem neuen Artikel „Du verdienst, was du verdienst.“ gehe ich zum großen Teil nicht d’accord. Dafür gibt es viele Gründe. Ein paar will ich in diesem Beitrag vorstellen. Dazu gehen wir den Artikel systematisch durch.
Über die Welt & Fairness
Ich habe mich über den Artikel nicht aufgeregt oder empört, sondern eher gewundert. Warum? Fangen wir an.
Du verdienst, was du verdienst. Was ist damit gemeint? Damit ist gemeint, dass du aktuell genau so viel Geld hast, wie du der Welt an Nutzen stiftest. Du frittierst Pommes bei McDonalds? Dann ist dein Nutzen für die Welt relativ gering. Daher verdienst du vergleichsweise wenig. Du hast Jahre lang an einer Technologie gearbeitet, die unsere komplette Welt verändert und mir ermöglicht diesen Blogartikel zu tippen? Dann ist dein Nutzen für die Welt enorm und du besitzt ein Nettovermögen von 85 Milliarden US-Dollar. Und heißt Bill Gates.
Das erinnert im ersten Moment an puren Utilitarismus. Bei der dabei gestellten Frage: „Ein Flugzeug mit 200 Passagieren rast auf einen Turm mit 500 Menschen zu, die alle sterben würden. Würdest du das Flugzeug abschießen?“, müsste MadameMoneypenny nach ihrer Argumentation ganz klar mit ja antworten.
Der McDonalds-Vergleich ist fragwürdig. Was bedeutet „Nutzen“? Utilitarismus ist ein fernbleiben von Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkeit. Aber lassen wir das beiseite. Was ist mit der Krankenschwester im Krankenhaus, die regelmäßig deinen körperlichen Zustand checkt, nur das du nicht verreckst? Nach der Nutzengleichung müsste sie sehr viel verdienen, oder?
Das Technologie-Argument scheint da plausibler. Bei Innovationen muss aber differenziert werden. Bill Gates arbeitete an einer Basisinnovation. Das heißt aber trotzdem nicht, dass Menschen damit automatisch enorm erfolgreich (was immer das bedeutet) werden.
„Warum verdiene ich nicht so viel Geld? Die Welt ist so unfair,“ sagen die Menschen, wenn sie jemanden sehen, der viel mehr Geld besitzt als sie selbst.“
Sagen das wirklich „die“ Menschen? Ich frage mich eher, warum jemand so viel Geld verdient und wie. Aber klar, es gibt Menschen, die so denken, wie du schreibst. Verallgemeinern würde ich das nicht.
„Gegenfrage: Warum sollte jemand, der Pommes frittiert gleich viel Geld verdienen, wie jemand dessen Unternehmen die Welt verändert hat? Wäre das wirklich fairer?“
Das erinnert mich sehr stark an Adam Smith, der sinngemäß geschrieben hat, dass Unternehmer immer nur über Steuern und Lohnzahlungen schimpfen, aber ganz schnell leise werden, wenn es um die eigenen Gewinne geht. Führen wir den Gedanken weiter: Ein Unternehmer verdient sehr viel Geld mit Produkt X. Wie aber schafft er es überhaupt, sein Produkt/sein Nutzenversprechen weltweit unter die Leute zu bringen? Mit Mitarbeiter. Jetzt könnte man behaupten, dass damit der individuelle Nutzen an Relevanz verliert. Denn stiften die Verkäufer, Büroangestellten und Juristen wirklich weniger Nutzen? „Aber…, aber…, Leistung muss sich doch für Unternehmer lohnen!“ Natürlich, das sehe ich ein. Nur zur weiteren Überlegung: Welche Leistung steht in einer imaginären Wertschöpfungskette wo und wie oft wird sie von wem wiederholt?
„Ich sage nicht, dass die Welt fair ist. Es gibt Berufe, die heillos unterbezahlt sind und nicht alle Menschen haben die gleichen Chancen in allen Bereichen. Aber das bringt dich ja nicht weiter.“
Hier finden wir einen Widerspruch zur vorherigen Argumentation. Wie kann es sein, dass es in einer nutzenorientierten und –vergüteten Welt unterbezahlte Berufe gibt?
Der Glaube an den selbst herbeigeführten Zufall
„Wenn wir akzeptieren, dass es diesen Zusammenhang zwischen Aktion und Reaktion gibt und verstehen, dass wir Resultate beeinflussen können, gibt uns das die Möglichkeit zu erreichen, was wir erreichen möchten.“
Plausibel. Verändern kann ein Mensch etwas, wenn er aktiv ist. Nach dem Satz wird auf das Beispiel „Ernährung“ zurückgegriffen. Das leuchtet im ersten Moment ein. Dann aber folgt dieser Abschnitt:
Zum Glück gibt es in dieser Hinsicht keine Zufälle. Wir können unser Leben, unser Gewicht, unser soziales Umfeld, unsere Finanzen und unser Glück beeinflussen. Tun wir ja auch. Jemand landet nicht durch Zufall bei McDonalds an der Fritteuse und er wird auch nicht dazu gezwungen. Er hat selbst entschieden, dort zu sein.
Es gibt einen Unterschied zwischen Ernährung und Finanzen, soziales Umfeld und Glück. Bei der Ernährung sind wir komplett selbstbestimmt, bei unseren Finanzen zum Teil, beim sozialen Umfeld schon wesentlich weniger, weil es eine direkte Gegenseite gibt. Bei Glück möchte ich gar nicht weiter diskutieren. Wer glaubt, „Glück“ beeinflussen zu können, glaubt nicht ans „Glück“, sondern an eine rationale Nutzenvorstellung. In diesem Sinne passt das ja zu dem, was Natascha bisher geschrieben hat.
Die McDonalds-Fritteusen-Argumentation ist wieder holprig. Das erinnert an die Argumentation der freiwilligen Arbeitslosigkeit. Jemand ist nur arbeitslos, weil er eine zu hohe Gehaltsforderung hat und diese nicht dem individuellen Nutzen entspricht. Tja, nur blöd, dass es auch wieder eine „reactio“ in Form von unsicheren Konjunkturerwartungen gibt und Unternehmer darauf mit Zurückhaltung reagieren. (Wow, das erinnert mich gerade sehr an meine Makroökonomie-Vorlesung 😉
Insgesamt wirkt die Darstellung wie ein Hinweis auf das animal laborans. Allerdings mit der zusätzlichen, spätmodernen Komponente der Aktivgesellschaft.
Abschließend wird im Artikel noch auf J-Lo und McDonalds hingewiesen. Die eine singt sicher nicht gut, verdient aber trotzdem mehr als eine Opernsängerin. McDonalds hat sicher nicht die besten Burger, verkauft aber trotzdem tausende mehr als der bessere, kleine Burgerladen. Da bleibt nur mehr eins zu sagen: Wie war das noch einmal mit dem Nutzen?
Man könnte jetzt den ökonomischen, weltumspannenden Nutzen als Gegenargument bringen. Dem werfe ich den gesundheitlichen Nutzen entgegen. Und wieder: Welcher Nutzen? Nur, wenn man utilitaristisch unterwegs ist, kann der sachlich-funktionale Nutzen gelten. Schnell ist man bei der Markenanalyse die Nutzen und Eigenschaften verbindet. Dann bleibt objektiv nur mehr die Verfügbarkeit, die im Marktgeschehen wenig wert hat.
Was ist der wahre Nutzen von McDonalds? Das beantwortet uns einer der Gründer:
Eigentlich sind wir ja ein Immobilien-Unternehmen. Der einzige Grund, warum wir Hamburger verkaufen, ist die Tatsache, dass diese am meisten Gewinn abwerfen, von dem unsere Restaurantbesitzer uns Miete zahlen können.
Jetzt sind wir plötzlich beim inneren Nutzen, der scheinbar keinen (engen) äußeren Nutzen verspricht.
homo ideologia
Wie auch Natascha in ihrem Beitrag erwähnt, will ich mit diesem Kommentar nicht persönlich angreifen, sondern lediglich auf die – meiner Meinung nach – widersprüchliche und teilweise oberflächliche Argumentation hinweisen. Ich habe keinesfalls die Weisheit gepachtet und bin frei von Denkfehlern. Argumentation ist schließlich auch immer etwas Subjektives. Offenheit für Diskussionen ist dabei das Wichtigste.
Ich finde es spannend, über solche Themen zu diskutieren, vor allem, weil die Nutzentheorie ein Kernthema der Wirtschaftstheorie, aber wie alle Hypothesengebäude (Stichwort: Arbeitswertlehre) nicht die ultimative Wahrheit ist.
Natascha greift metaphysisch aber etwas auf, was definitiv richtig ist: Übernimm Eigenverantwortung.
€: Scheinbar gibt es auf meiner Website einen Codekonflikt. Bitte schreibt mir, wenn ihr in letzter Zeit oder heute eine Fehlermeldung hattet. Danke! An eine Lösung arbeite ich gerade.
Moin Johannes,
schön, dass du die Diskussion hier weiterführst und mit deinen toll und sachlich vorgetragenen Argumenten bereicherst. Du bist einfach der Mann für soetwas! Wie immer hervorragend argumentiert ohne jemanden anzugreifen und ohne der Meinung zu sein die einzige Wahrheit zu verbreiten. Insgesamt finde ich hier auch einiges schlüssiger und näher an „meiner Wahrheit“. Das ist und bleibt aber natürlich Geschmackssache.
Natascha sah sich nach vielen verständnislosen Kommentaren unter ihrem Artikel wohl gestern abend auch genötigt, noch einmal per Kommentar zu reagieren. Auch zu dem Kommentar wird es sicher unterschiedliche Meinungen geben.
Schön aber, dass wir uns grundsätzlich alle einig sind, dass man ohne eigenverantwortliches Handeln nicht weit kommt. Beim Verbreiten der Message und dem Anführen von Beispielen werden Ton und Sinnhaftigkeit wohl auch in Zukunft unterschiedlich wahrgenommen…
Gruß
Vincent
Hi Vincent,
danke für das Lob. Es ist eine Frage der Perspektive. Manche mögen mit meiner eher theoretischen Argumentation nicht klar kommen.
Den Kommentar habe ich noch nicht gesehen, danke für den Hinweis.
Definitiv. Eigenverantwortung wird eh schon länger besprochen, von dir, Pascal usw. Ja, die individuelle Wahrnehmung…wichtig ist denke ich, dass man sich trotzdem nicht anderen Meinungen verschließt.
LG
Johannes
Lieber Johannes,
danke für deine Meinung 🙂
Anbei meine Gedanken:
1. Was hat eine Entscheidung über die Gestaltung meines eigenen Lebens und mein persönlicher Erfolg mit diesem Flugzeug-Vergleich zu tun? Es gibt nicht einen Verlierer für jeden Gewinner. Das Leben ist kein Nullsummenspiel.
2. Wo behaupte ich, dass Erfolg einem Automatismus folgt? Wenn dem so wäre, wäre doch die Aussage des kompletten Artikels zerstört.
3. Wo behaupte ich, dass Unternehmer/Unternehmen ohne Mitarbeiter erfolgreich werden können? Das ergibt doch (besonders für mich als Unternehmerin!) überhaupt keinen Sinn. Dennoch ist es, meiner Meinung nach, gerechtfertigt, dass derjenige, der das unternehmerische Risiko trägt, Investitionskosten hat, Verantwortung für andere Menschen trägt, nicht um 18 Uhr Feierabend macht und nicht in den Urlaub fährt, sondern das Unternehmen weiterentwickelt, um auch zukünftig Gehälter zahlen zu können, mehr Geld verdient als jemand, der all das nicht tut. Oder siehst du das tatsächlich anders?
4. Ich behaupte nirgends, dass die Welt in jedem Detail fair ist. Deswegen lautet die Überschrift dieses Teils auch „Die Welt ist FAIRER als du glaubst“ und nicht „Die Welt ist fair“. Dennoch glaube ich daran, dass es gewisse Gesetze und Regeln gibt, auf die man sich grundsätzlich verlassen kann. Beispielsweise, dass meine Chancen mehr Geld zu verdienen besser sind, wenn ich mich reinhänge als, wenn ich faul auf dem Sofa liege. Siehst du das anders?
5. Dass bspw. Pflegekräfte heillos unterbezahlt sind, ist doch wohl sonnenklar. (Muss ich so eine offensichtliche Tatsache wirklich im Artikel erwähnen?) Nur, was hat das mit Persönlichkeitsentwicklung zu tun? Ich schreibe nicht über soziale Gerechtigkeit sondern über Persönlichkeitsentwicklung. Pflegekräfte sind unterbezahlt. Und weiter? Was lernst du daraus für dein Leben? Was liefert dir diese Information für einen Denkanstoß, welche Inspiration? Gar keine.
6. Warum sind wir bei unserem Gewicht selbstbestimmt, aber bei unseren Finanzen nur zum Teil? Wo liegt da, deiner Meinung nach, der Unterschied? Und warum im sozialen Umfeld wesentlich weniger? Dich zwingt doch wohl hoffentlich niemand, mit ihm befreundet zu sein, oder? 😉
7. Mich würde interessieren, was du denkst, wie man seinen Verdienst steigern kann, wenn dies nicht mit dem Nutzen, den man stiftet zusammenhängt. Was ist deine Gegenthese?
Freue mich auf deinen weiteren Input!
Viele Grüße!
Natascha
Hi Natascha,
danke fürs vorbeikommen 🙂
1. Was hat eine Entscheidung über die Gestaltung meines eigenen Lebens und mein persönlicher Erfolg mit diesem Flugzeug-Vergleich zu tun? Es gibt nicht einen Verlierer für jeden Gewinner. Das Leben ist kein Nullsummenspiel.
Wie du bemerkt hast, gehe ich deinen Artikel ein bisschen theoretischer an. Der Nutzenvergleich ist dem Utilitarismus zugeordnet, dem philosophisch diese Frage zugrunde liegt.
2. Wo behaupte ich, dass Erfolg einem Automatismus folgt? Wenn dem so wäre, wäre doch die Aussage des kompletten Artikels zerstört.
Das hast du tatsächlich nicht direkt geschrieben. Dein Argument nennt sich argumentum ad crumenam und impliziert Erfolg mit der Nutzenbindung.
3. Wo behaupte ich, dass Unternehmer/Unternehmen ohne Mitarbeiter erfolgreich werden können? Das ergibt doch (besonders für mich als Unternehmerin!) überhaupt keinen Sinn. Dennoch ist es, meiner Meinung nach, gerechtfertigt, dass derjenige, der das unternehmerische Risiko trägt, Investitionskosten hat, Verantwortung für andere Menschen trägt, nicht um 18 Uhr Feierabend macht und nicht in den Urlaub fährt, sondern das Unternehmen weiterentwickelt, um auch zukünftig Gehälter zahlen zu können, mehr Geld verdient als jemand, der all das nicht tut. Oder siehst du das tatsächlich anders?
Ich weiß, dass du Unternehmerin bist und bin sehr froh darüber, weil ich auch schon mal deine Plattform genutzt habe ;). In meinem Text stimme ich dir auch zu, dass sich Leistung idS lohnen muss, von dem her sind wir uns definitiv einig. Du hast am Anfang von einer Innovation gesprochen. Dieser Vorgang steht in der Wertschöpfungskette ganz am Anfang und bringt nachträglich, rein auf den Unternehmer bezogen, keinen Wert mehr. Die Innovation selbst erhält dann hauptsächlich Wert durch die Mitarbeiter. Ich beziehe mich also wieder ganz konkret auf den Nutzen, der in deinem Artikel die höchste Priorität hat. Die Innovation erhält aber in anderer Form durch den Unternehmer einen Wert und eben hier entsteht unsere Gemeinsamkeit.
4. Ich behaupte nirgends, dass die Welt in jedem Detail fair ist. Deswegen lautet die Überschrift dieses Teils auch “Die Welt ist FAIRER als du glaubst” und nicht “Die Welt ist fair”. Dennoch glaube ich daran, dass es gewisse Gesetze und Regeln gibt, auf die man sich grundsätzlich verlassen kann. Beispielsweise, dass meine Chancen mehr Geld zu verdienen besser sind, wenn ich mich reinhänge als, wenn ich faul auf dem Sofa liege. Siehst du das anders?
Nein, deshalb habe ich am Ende des Artikels auf die Eigenverantwortung hingewiesen, die du mehr hintergründig ansprichst. Die Kopplung an deine „individuelle Nutzentheorie“ ist meiner Meinung nach problematisch.
5. Dass bspw. Pflegekräfte heillos unterbezahlt sind, ist doch wohl sonnenklar. (Muss ich so eine offensichtliche Tatsache wirklich im Artikel erwähnen?) Nur, was hat das mit Persönlichkeitsentwicklung zu tun? Ich schreibe nicht über soziale Gerechtigkeit sondern über Persönlichkeitsentwicklung. Pflegekräfte sind unterbezahlt. Und weiter? Was lernst du daraus für dein Leben? Was liefert dir diese Information für einen Denkanstoß, welche Inspiration? Gar keine.
Ich schreibe auch nicht über soziale Gerechtigkeit, sondern stelle deinen Nutzenargumentation in den Vordergrund. Wenn man über diesen Komplex nicht mit dem Schlagwort „unterbezahlt“, sondern mit „Nutzen“ verbindet, ergibt sich daraus ein Gedankengebäude, dass ein ganzes Buch füllen würde. Nicht umsonst gibt es darüber eine extreme Diskussion in der Wirtschaftswissenschaft. Inspiration liefert diese Aussage definitiv, wenn man die Perspektive wechselt. Rein auf die Unterbezahlung bezogen gebe ich dir recht. Oberflächlich kann man in diesem Fall aber auch etwas mitnehmen, beispielsweise, wenn es ums Geld geht: „Ich werde keine Pflegekraft.“
6. Warum sind wir bei unserem Gewicht selbstbestimmt, aber bei unseren Finanzen nur zum Teil? Wo liegt da, deiner Meinung nach, der Unterschied? Und warum im sozialen Umfeld wesentlich weniger? Dich zwingt doch wohl hoffentlich niemand, mit ihm befreundet zu sein, oder? 😉
Bei unserem Gewicht ist grundsätzlich die gesamte Kontrolle bei uns. Bei unseren Finanzen sind wir selbstbestimmt, verlieren aber an Kontrolle. Im sozialen Umfeld liegt es an anderen Menschen, uns zu akzeptieren. Die externen Faktoren werden von dir ausgeblendet.
7. Mich würde interessieren, was du denkst, wie man seinen Verdienst steigern kann, wenn dies nicht mit dem Nutzen, den man stiftet zusammenhängt. Was ist deine Gegenthese?
Wahrscheinlich haben wir grundsätzlich die gleichen Gedanken zu dem Thema, sind uns aber nur in unserer Auffassung darüber uneinig. Wie in meinem Artikel beschrieben, sehe ich den Nutzen stellenweise in einer Abhängigkeit, wie bspw. bei freiwilliger Arbeitslosigkeit. Eine Nutzensteigerung ins Unermessliche ist noch immer von externen Faktoren abhängig.
Eine erfolgreiche weitere Woche wünscht dir,
Johannes
Danke für die tiefer gehende Auseinandersetzung mit der imho zu stark vereinfachten „Du musst nur wollen und hart arbeiten dann dann kannst du alles schaffen“ die durch diverse Blogs immer wieder durchgespült wird….
Danke..
Vielleicht kommt die Unterbezahlung bei Pflegekräften daher, dass das Krankenhaus nicht mehr zahlen kann. Sogar Ärzte im Klinikum scheinen weniger zu verdienen als ein niedergelassener Arzt: http://bit.ly/2w6YwsM
Ich denke, um den Verdienst zu beurteilen, muss man auch die Ausbildungszeit in Betracht ziehen. Bei Ärzten sind da mind. 5 Jahre Studium, 1 praktisches Jahr (Arbeit ohne Lohn) und danach noch weitere Jahre Spezialisierung verbunden. Hinter diesem Wissen und den Fähigkeiten steht ein langer, mühsamer Weg.
Eine Pflegekraft braucht diese mehrjährige Ausbildung aber nicht … tatsächlich müssen sogar Medizinstudenten einige Monate ohne Bezahlung als Pflegekraft arbeiten (3-monatiges Pflegepraktikum), ohne zuvor eine Ausbildung dazu abgeschlossen zu haben (dieses Praktikum kann man nach dem Abitur und vor dem Studiumsantritt absolvieren).
Dazu kommt, dass ich mir gut vorstellen kann, dass ein Klinikum und Krankenhaus nicht in Geld schwimmt. Es ist doch auch komisch, diese Situation mit profitorientierten Unternehmen zu vergleichen. DAX-Unternehmen und -Konzerne zahlen nämlich sehr gut, sie machen aber auch in der Regel gute Umsätze.
Mir ist auch nicht klar, wie man das Problem beheben kann. Eine Lösung ist, die hoffentlich in allen Finanzblogs angestrebt wird^^, einen (wenn auch sehr kleinen) Teil des Gehaltes weg- und dann anzulegen, um sich zusätzlich ein passives Einkommen aufzubauen und sich damit unabhängiger von dem Arbeitgebergehalt zu machen.
Liebe Lena.
Auch unter den Krankenhäuser gibt es börsennotierte, siehe die Rhön-Kliniken. Sie wären nicht an der Börse, wenn von ihnen keine Gewinne zu erwarten wären. Deshalb ein ganz klares nein zu deiner Frage – ob sie ihren Krankenpflegern vielleicht nicht mehr Geld zahlen könnten. Könnten sie. Sie tun es aber nicht, damit mehr Gewinn entstehen für die Aktionäre. Sie drücken schlicht Kosten.
Die Krankenschwestern verdienen z.B. aber auch deshalb so wenig … weil die Gewerkschaften schwach sind oder die Klinik gleich gar keine Tarifbindung hat, und vielleicht doch zu viele Krankenschwestern nach einem Job suchen und es gesellschaftlich anerkannt ist, dass Frauen wenig verdienen in den sozialen Berufen (Pflegepersonal ist ja überwiegend weiblich). Das spielt sicherlich alles eine Rolle, ohne, dass ich es werte.
Spannend ist noch: Wir zahlen unseren Beitrag zum Gesundheitssystem an die Krankenkassen, die Gelder wiederum an die Krankenhäuser zahlen, die dann die Löhne ihrer Mitarbeitern drücken, wo es geht, um an Aktionäre hohe Gewinne auszuschütten.
… das Gesundheitswesen ist ja aber generell eine sehr spezielle Branche, weil es direkt um die menschliche Existenz geht und sich hier die generelle Frage auftut: Wollen wir als Gesellschaft so etwas existentielle wie das Wiederherstellen von Gesundheit (durch Krankenhäuser z.B.) privatisiert wissen, also unter den Zwängen der Gewinnmaximierung? Oder geht das auch anders, z.B. über Genossenschaften oder gemeinnützige GmbH …
Das nur nochmal als Notiz, weil ja viele Krankenhäuser tatsächlich um ihre Existenz kämpfen, was aber strukturelle Gründe hat und nicht, weil Geld im System fehlt.
Hallo Geldfrau,
ich wusste nicht, dass es sogar börsennotierte Krankenhäuser gibt. Danke für die Informationen!
Viele Grüße
Ein Pflegepraktikum lässt sich wohl nicht mit einer d3-JÄHRIGEN Pflegeausbildung ggf. zzgl. Fachweiterbildung (meist nochmal ca. 2 Jahre on top – nach ein paar Jahren Berufserfahrung nach dem Examen) vergleichen (=min. 5 Jahre). Inhalt und Komplexität sind hier auch nicht zu unterschätzen.
Pflegepraktikum ist kein „Arbeiten als Pflegekraft“!
Das sollte man nicht vermischen oder herabstufen.
d3 = dreijährigen (3-Jährigen)
Verallgemeinert:
Man kann auch ein Praktikum in einer Bank machen. Ohne Ausbldung. Deswegen ist man noch lange kein Bankkaufmann o.ä.
Klar, was gemeint ist?!
Ja, das verstehe ich natürlich. Ich muss auch gestehen, ich weiß nicht, wie die Ausbildung zur Pflegekraft aufgebaut ist. Die Aufgaben meiner Freundinnen innerhalb des Praktikums bestanden in der Körperpflege, Toilettengänge, Hilfe bei Nahrungsaufnahme, und einiges Andere.
nataschas antwort nach hat sie die kritik nicht ganz verstanden..und es werden auch andere nicht verstehen. du bringst sehr viel theoretisches wissen in deinen beitrag mitdsa ein. gut argumentiert aber auf kosten der nachvollziehbarkeit
So ganz ist mir nicht klar geworden worauf deine Argumentation abzielt. Am ehesten scheinst sich deine Argumentation darauf zu beziehen, dass Nutzen nicht objektiv fassbar ist und man daher nicht wissen kann, ob bestimmte Tätigkeiten mehr Nutzen bringen als andere. Gegenfrage Ändert das etwas an Nataschas Argumentation? Ihr scheint es vor allem darum zu gehen, dass der Nutzen verschiedener Tätigkeiten unterschiedlich gut skaliert und diejenigen deren Tätigkeiten am besten Skalieren auch die Chance auf die höchsten Einkommen haben.
Man muss noch nicht einmal annehmen, dass Nutzen objektiv fassbar ist, um Nataschas Argumentation zu folgen. Das Mindeste was wir über den Nutzen sagen können ist, die Wertschätzung die sich in den Kaufentscheidungen der Wirtschaftssubjekte ausdrückt. Wir erachten den Nutzen eines Guts immer höher als den Wert den wir im Gegenzug bereit sind zu zahlen. Was ich verdiene entspricht genau der Wertschätzung die meine Kunden meiner Tätigkeit entgegenbringen und wir können annehmen das der Nutzen den sie aus ihr beziehen höher ist das. Wenn ich meinen Verdienst steigern will muss ich also den Nutzen den meine Kunden haben stärker skalieren.
Ob meine Kunden den Nutzen den sie haben richtig einschätzen liegt in ihrer Verantwortung und ist genau genommen eine Frage die im Privaten entschieden werden muss und nicht Gegenstand des öffentlichen Wirtschaftens ist.
Wo ich nicht mit Natascha übereinstimme ist Folgendes: Wie viel ich dem Nutzen den ich schaffe für mich selbst abschöpfen kann hängt von den Konkurrenzbedingungen ab. In vielen Märken können die Produzenten keine höheren Preise erzielen als die Herstellung des betreffenden Guts kostet. Darum kostet Wasser und Brot auch nicht unendlich viel, ob wohl sie die höchste Priorität haben.
Wir verdienen, was wir verdienen.
Dazu möchte ich diese Gedanken noch beisteuern, zu den pointiert formulierten von Johannes: Es wäre tatsächlich mal interessant, wenn jeder das in Geldeinheiten erhalten würde, was er an Produktivität für die Gesellschaft bringt.
Dann müssten Banker womöglich etwas zahlen nach den Billionenschäden durch die Finanzkrise, Intensivschwestern und Müllmänner erhielten vielleicht Managergehälter, Berater einen Bruchteil des heutigen Lohnes, Lehrer würden Superverdiener und VW-Chefs … ? Nun denn.
So aber geht die Marktwirtschaft bekanntlich nicht. Da buhlen Angebot und Nachfrage umeinander, Monopole mischen mit, Kartellabsprachen, Korruption, Gewerkschaften, politische Regeln, gewachsene Gesellschaftsstrukturen, kulturelle Einflüsse, Machtbestrebungen, Arschlöcher … das alles wirkt auf die Löhne, die wir „verdienen“, rein im Sinne: Diese Geldeinheiten fließen aus unser Konto.
Ob wir das aber dann auch verdienen als Anteil am gesellschaftlichen Vermögen, steht für mich auf einem ganz anderen Blatt. Ich würde es sehr begrüßen, wenn wir diese Diskussion gesamtgesellschaftlich führten: Wer erhält welchen Anteil am Wohlstand einer Gesellschaft und wer verteilt ihn auf welcher Basis 🙂
Denn, das wissen oder ahnen wir zumindest alle: Geld ist genug da. Für alle.
this. Danke für diesen Beitrag!
Klasse Artikel, und er löst ganz sicher bei dem ein oder anderen Konfrontation aus. (-;
Grundsätzlich sehe ich das genauso: wir erschaffen einen Mehrwert für die Welt, und demenstsprechend werden wir bezahlt. Ich habe diesen Gedanken zum ersten Mal von einem Geldexperten in einem Interview gehört, und er hat meinen Horizont verändert. Ich sehe, das er Recht hat. Und vor allem, die Chance, die uns diese Denkweise gibt: überleg dir, was Dein ganz persönlicher und wertvoller Beitrag für die Welt und für andere Menschen ist, und dann tu das. Und übernimm die Verantwortung für dein Leben. Das tun nämlich viele gar nicht gern… (-;
Aber die Welt ist trotzdem nicht immer gerecht, wie du auch schreibst. Man denke nur an Profisportler usw. Sie sind sooo enorm wichtig für die Welt. (((-;