Diversifikation einfach und visuell erklärt

Diversifikation ist wie ein Mischgetränk: Der Geschmack wird hoffentlich besser, wenn du verschiedene Arten von Obst reinmixt.

Meine Geschichte der Diversifikation (und mein holpriger Börseneinstieg) beginnt 2015 und in diesem Beitrag will ich dir zeigen, was

  • mit Diversifikation gemeint ist
  • du damit erreichen kannst

Mich hat die reine Beschreibung von Diversifikation immer genervt, ala

Diversifikation mindert das Risiko. Legen Sie deshalb nicht alle Eier in einen Korb, sondern gleichen Sie eine sich negativ entwickelnde Anlage mit einer positiven aus.” (Es folgt eine langweilige Beschreibung von Risiko und einer abstrakten Darstellung eines Aktienportfolios)

Da vergehts’ einem doch. Natürlich weiß man, was gemeint ist, aber visuell wärs’ nicht so abstrakt. Deshalb zeige ich dir an einem beispielhaften Portfolio und visuell aufbereitet, was Diversifikation bewirkt.

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Was bedeutet Diversifikation

Ganz ökonomisch und auf Aktien bezogen bedeutet das Wort, dass du dein zu Verfügung stehendes Kapital nicht ausschließlich in ein Wertpapier investieren, sondern mehrere Wertpapiere halten solltest.

Warum?

Das Risiko einen Verlust zu machen, ist bei einer Aktie wesentlich höher, als mit vielen verschiedenen Werten im Depot. Ein Typ, der dafür einen Nobelpreis bekam, ist für diese Theorie verantwortlich und hört auf den Namen “Harry M. Markowitz”. Können wir uns merken, müssen wir aber nicht.

Diversifikation – Was ist das genau? Wie sieht das aus? Ein Beispiel

Gehen wir von dieser Erklärung einen Schritt weiter zur visuellen Darstellung. Denn was heißt das genau, dass das Risiko mit einem diversifizierten Portfolio minimiert wird?

Nehmen wir folgendes an: Du hast dein erstes Depot eröffnet und am 31.12.2016 voller Euphorie AT&T gekauft. Dann vergisst du deine Investition und blickst erst am 31.10.2018 wieder auf dein Depotkonto. Voller Bestürzung stellst du fest, dass sich die Aktie nicht besonders gut entwickelt hat und dein Vermögen um knapp 30 % geschrumpft ist.

diversifikation beispiel mit einer aktie
Diversifikation: Beispiel mit einer Aktie

Nehmen wir noch etwas an: Du hast eine Zeitmaschine und reist zurück zum 31.12.2016. Jetzt kaufst du zusätzlich Procter & Gamble, um mit einer ersten Diversifizierung zu starten. Wie entwickelt sich dein Depot jetzt?

Am 31.10.2018 blickst du wieder in dein Depot. Deprimiert stellst du fest, dass du insgesamt noch immer knapp 14 % im Minus bist. Allerdings stehst du mit deinem Depot besser da, als vor deiner Zeitreise. Warum? Procter & Gamble hat den Verlust von AT&T abgefedert.

diversifikation mit zwei wertpapieren
Diversifikation mit zwei Wertpapieren

Jetzt denkst du dir: “Hm, warum nicht noch ein Experiment mit einer weiteren Aktie starten?“ Kurz darauf sitzt du wieder auf deiner Zeitmaschine und landest wieder am 31., also Silvester 2016. Jetzt holst du dir Facebook ins Depot. Kann ja nicht schaden, so ein Tech-Unternehmen. Die Entwicklung bis 2018? Es sieht noch besser aus.

diversifikation drei wertpapiere beispiel
Diversifikation: Beispiel mit drei Wertpapieren

Ein letzter Test steht bevor. Einmal möchtest du noch in der Zeit zurückreisen und ein weiteres Wertpapier ins Depot legen. Diesmal entscheidest du dich für die Asiakastieto Group (Diese Aktie zählt übrigens zu meinen Top 10 nach Performance im Depot). Das Ergebnis? Wie du siehst ist dein Depot im Plus!

diversifikation beispiel vier aktien
Diversifikation: Beispiel mit vier Aktien

Was können wir daraus ableiten? Die visuelle Darstellung zeigt deutlich, dass wir mit mehreren Wertpapieren unser Depot diversifizieren und damit unterschiedliche Kursentwicklungen, aber auch allgemein Unternehmensrisiken ausgleichen. Ich hoffe, jetzt ist klarer, warum Diversifikation wichtig ist. Wenn nicht, dann hinterlasse einen Kommentar oder schreib mir bitte eine Mail.

Übrigens: Aus unserem Beispielportfolio könnte man auch ableiten, dass die Diversifikation an sich nicht gut ist, weil wir drei Aktien von nur einem Land (USA) halten. Das gilt es zusätzlich zu beachten. International investieren ist besser, als die Konzentration auf einen Markt. Dass sich Investoren auf Unternehmen im eigenen Land konzentrieren, kann mit Börsen-Psychologie erklärt werden.

Fachbegriffe für Nerds

Wenn wir uns verschiedene Wertpapiere ins Depot legen, haben wir uns um das unsystematische Risiko gekümmert. Das heißt, wir haben das Risiko eliminiert, die mit den einzelnen Unternehmen einhergehen. Es gibt aber auch das systematische Risiko. Das sind Marktrisiken, beispielsweise Zinsänderungen, Inflation oder internationale Konflikte. Diese beiden Risiken zusammengefasst ergeben das Gesamtrisiko.

Systematisches und unsystematisches risiko
Systematisches und unsystematisches Risiko

Korrelation und Diversifizierung

Um die Diversifikation in einer Kennzahl auszudrücken, können Korrelationen berechnet werden. Das heißt, wir berechnen, ob sich Aktien eher gleich oder unterschiedlich entwickeln. In unserem Beispieldepot korrelieren P&G und AT&T positiv und stark (0,7), aber P&G und Asiakastieto negativ stark (-0,65). Die mittlere Korrelationsberechnung habe ich mir gespart.

Viele Broker bieten die Berechnung als Risikoanalyse automatisch an. Haltet mal danach Ausschau! Ansonsten könnt ihr die Korrelation natürlich auch selbst berechnen. Ob das notwendig ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Schließlich müssen wir beachten, dass wir hier mit einer Variable hantieren, die viele Faktoren beinhaltet. Eine historische Kursentwicklung ist kein Garant für die zukünftige Entwicklung.

Wie viele Aktien brauche ich, um zu diversifizieren?

Ist das auch deine nächste Frage? Sehen wir uns an, was es dazu für Überlegungen gibt:

  • 8 – 10 (Evans und Archer, 1968)
  • 30 – 40 (Meir Statman, 1987)
  • 100 oder mehr (Domian et al., 2007)
  • 38 – 49 (Alexeev und Tapon, 2013)
  • 20 – 40 (Krejca, 2016)

Es gibt also unterschiedliche Meinungen über die Anzahl an Aktien, die das Depot ausreichend diversifizieren. Warum? Weil die einzelnen Autoren der Arbeiten andere Kennzahlen und Annahmen verwenden. Bei unserem Beispiel-Depot könnten wir ja auch behaupten, dass wir ausreichend diversifiziert sind…Die Zahl „20“ wird in meinem Umfeld gegenwärtig oft genannt. Es kommt aber auch auf die Strategie und dein Geldvermögen an. Mit 1.000€ sind die Handelskosten zu hoch, um ausreichend in verschiedene Einzelaktien zu investieren.

Diversifikation mit einem ETF

Hast du dich schon mit ETFs beschäftigt? Wenn nicht, dann hier eine kurze Zusammenfassung:

ETFs sind Fonds, die günstig sind und sofort sehr viele Wertpapiere beinhalten.

Der Vorteil? Du musst nur einen ETF ins Depot legen und bist quasi sofort diversifiziert. Beispielsweise kaufst du dir den Dividenden Aristokraten ETFSPDR S&P Global Dividend Aristocrats UCITS ETF. Damit bist du automatisch in min. 10 Länder und vielen unterschiedlichen Unternehmen investiert.

Ich hoffe, dass du einen besseren Überblick über das Thema “Diversifikation” bekommen hast. Bitte sag mir bescheid, wenn dir etwas fehlt, ich baue es gerne ein, damit auch andere Leser von einer gemeinsamen Wissensbasis profitieren.

10 Kommentare zu „Diversifikation einfach und visuell erklärt“

  1. Hallo!
    Bin gerade über den Finanzwesir auf deine Seite gestoßen. Erst einmal Kompliment für die schöne, aufgeräumte und übersichtliche Website! Gefällt mir sehr gut!
    Und das setzt sich in dem Artikel auf fort: Ist glaube der beste Artikel den ich bisher zu dem Thema gelesen habe. Auch wenn für mich nicht´s neues dabei war, werde ich mir den trotzdem abspeichern, wenn mich mal jmd. zu dem Thema fragt. Schön anschaulich erklärt und grafisch hinterleg.
    DANKE
    gruß richy

  2. Danke für die schöne grafische Darstellung.
    Auch wenn es vielleicht kleinkariert ist: Kannst Du deine Bildunterschriften noch auf Groß-und Kleinschreibung achten. Oder sind die Regeln dazu in Österreich anders? Dein restlicher Text ist doch auch fehlerfrei. 😉
    Danke!

  3. Die Frage nach der erforderlichen Aktienanzahl ist für mich absolut unlogisch. Habe ich zum Beispiel nur Henkel-Aktien im Depot dann bin ich deutlich besser diversifiziert als wenn ich nur BMW-Aktien im Depot habe.
    Henkel produziert zu rund 50% Klebstoffe für die Industrie (zyklisches Geschäft) und den Rest Konsumartikel (unzyklisches Geschäft).
    BMW produziert nur Fahrzeuge (zyklisches Geschäft).

    Würden meine Henkelaktien durch einen Spinnoff zu zwei Aktien gesplittet (Henkel-Klebstoffe und Henkel-Waschmittel) dann hätte ich immernoch die selben Anteile an Produktionsmittel im Depot aber die doppelte Anzahl an Aktien.
    Ich bin also immernoch gleich diversifiziert und nicht besser da zwei Aktien statt einer Aktie im Depot.

    1. Ja du hast recht, die Frage nach der Aktienanzahl ist – wie auch in der Literatur beobachtet – ein hin und her. Es kommt auf die analysierten Faktoren und ceteris paribus Annahmen an.
      Ich könnte falsch liegen, aber bei deinem Beispiel sehe ich schon eine bessere Diversifikation. Auch, wenn es zu einem Spin-Off kommt und im Grunde dasselbe produziert wird, hat sich das unsystematische Risiko verringert. Wenn man sich beispielsweise für EON und Uniper den Korrelationskoeffizienten berechnet, ist zwar eine starke und positive Korrelation vorhanden, aber natürlich keine perfekte. Das ist allerdings nur der Kurs. Die unsystematischen Faktoren sind allerdings auch Managementfehler, Bonität usw…Durch die Hinzunahme einer Aktie oder einen Spin-Off werden diese Risiken verringert.
      Im Grunde ist die Frage, welche Kosten eine höhere Diversifikation mit sich bringt. In dem Paper von Evans and Archer wurde eine Marginalanalyse durchgeführt: Was sind die Kosten für eine höhere Diversifikation? Bei acht Aktien wären weitere 5 Wertpapiere nötig gewesen, um eine weitere signifikante Diversifikation zu erreichen, bei 16 schon 19 usw. Da stellt sich dann natürlich die Frage, wann Schluss ist. 🙂

      LG
      Johannes

  4. Hallo Johannes,

    ja du magst recht haben aber eine Henkel die nicht gesplittet ist kann notfalls quersubventionieren, also die Konsumsparte könnte die Klebstoffsparte in einer Wirtschaftskrise unterstützen.

    Dadurch würde sich ja wieder das Risiko verringern. Eventuell sind auch deshalb Kreditkosten für Henkel geringer, da die Gläubiger sich sicherer fühlen als wenn das Unternehmen ausschließlich Geld mit Klebstoffen verdient.

    Also ich finde man sollte schon genau schauen was man sich ins Depot legt und nicht nur die Anzahl der Aktien zählen.

    1. Hi,
      definitv, die Auswahl der Aktien selbst ist Ausschlaggebend für die Diversifikation. Rein theoretisch könnte man auch die Kursentwicklungen vergleichen und dann auswählen (Was ja auch eine Vorgehensweise ist, um strategisch Aktien zu wählen). Die Frage ist dann: Ist die Orientierung am Kurs besser als die Bewertung des Unternehmens selbst?
      Die individuelle Bewertung der Investition ist, so wie du schreibst, dennoch wichtig. Weil ja sonst andere Faktoren komplett ausgeklammert werden. Andererseits: In der Theorie – aber ich müsste di eStudie noch mal lesen – wäre es egal. 😉
      Dein Henkel-Beispiel finde ich gut und den Sicherheitsaspekt ebenfalls. Auf Wertpapiere bezogen bliebt es aber ein Unternehmen – hier geht es dann mMn um die Bewertung von Risiko. Das mit den Kreditkosten ist eine interessante Frage. Hat wahrscheinlich auch mit den soft-facts zu tun, aber um wie viel mehr im Gegensatz zu den harten Zahlen, darüber lässt sich nur spekulieren. 🙂

      Danke für den Kommentar und LG
      Johannes

  5. Hi Johannes,

    selbst bin ich eher schlecht diversifiziert, d.h. zwar ca. 40 Einzelaktien aber nicht alle Branchen. Habe nur Nahrung- und Genussmittel, Konsum und Pharmaaktien. Fühle mich damit aber sehr wohl.
    Meines Erachtens sollten sich theoretisch volatilere Aktien langfristig schlechter entwickeln als nicht zyklische.
    Wenn man bei Optionen einen Aufpreis für eine hohe Volatilität zahlt dann sollte man doch auch davon ausgehen, dass Aktien mit höherer Vola teurer sind als Aktien mit niedriger Vola. Man bekommt ja sowohl bei volatilen Aktien als auch Optionen die zusätzliche Chance kurzfristig Gewinne mitzunehmen. Das gibt es nicht geschenkt.

    Man liest oft das Gegenteil (man bekäme eine Risikoprämie für das Aushalten der Volatilität). Ich glaube nicht daran. Der sehr volatile Dax entwickelte sich auch dauerhaft schlechter als weniger volatile Indices.

  6. Hey Johannes,

    ich nutze für die Diversifkation unseres Vermögens auch hauptsächlich einen ETF, nämlich Vanguard All-World. Ein ETF, der die ganze Welt abbildet. Hervorragend einfach und dennoch sehr rentabel 🙂

    Grundsätzlich denke ich, dass das Konzept der Diversifikation einer der elementaren finanziellen Grundsätze ist, den Anleger verstanden haben sollten.

    Insbesondere die Entscheidung für oder gegen ein kreditfinanzierten Eigenheim sollte vor dem Hintergrund des entstehenden Klumpenrisikos kritisch betrachtet werden.

    Gruß Stefan

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